Neubaustrecke Wendlingen-Ulm
Das Bahnprojekt Stuttgart – Ulm liegt auf der europäischen Ost-West-Magistrale Paris – Budapest und unterteilt sich in die beiden Großprojekte „S21 – Neuordnung Bahnknoten Stuttgart“ mit dem Bau des neuen, tiefer gelegten Hauptbahnhofs sowie die „Neubaustrecke Wendlingen – Ulm“. Mit dem Bau des Hauptbahnhofs als Durchgangsbahnhof und der Anbindung an das europäische Hochgeschwindigkeitsnetz verkürzen sich die Reisezeiten im Regional- und Fernverkehr signifikant.
Entlang der Neubaustrecke entstehen mehrere Tunnelbauwerke mit Herrenknecht-Vortriebstechnik. Insgesamt vier Tunnelbohrmaschinen graben sich für die Projekte Fildertunnel, Boßlertunnel und Albvorlandtunnel auf der vorgesehenen neuen Zugstrecke durch den Untergrund. Durch das Bahnprojekt sollen sich die Reisezeiten zwischen Stuttgart und Ulm nahezu halbieren. Rund zehn Millionen Fahrgäste pro Jahr werden vom Projekt profitieren.
Fakten zum Projekt
Die Maschine ist die beste, die es auf dem Markt gibt.
Robert Pechhacker, Site Manager, Porr Bau GmbH
Fildertunnel
Der Fildertunnel ist der längste Tunnel der Neubaustrecke zwischen Stuttgart und Ulm, der den neuen Hauptbahnhof mit der Filderebene und den Flughafen verbinden wird. Für den zweiröhrigen 9,5 Kilometer langen Tunnel liefert Herrenknecht eine umbaubare Multi-Mode-TBM mit einem Schilddurchmesser von 10,82 Metern. Im oberen Abschnitt des Fildertunnels arbeitet sie im geschlossenen Modus mit Schneckenförderung, im unteren Fildertunnel im offenen Modus mit Förderbandaustrag.
Der Grund dafür sind die unterschiedlichen Gesteinsschichten: Die Maschine muss Stubensandstein und Knollenmergel sowie unausgelaugten Gipskeuper durchdringen. Sie überwindet eine Höhendifferenz von insgesamt 155 Metern mit einem Gefälle bzw. einer Steigung von bis zu 2,5 Prozent. Nur auf ungefähr der Hälfte des Tunnels, in der geologischen Übergangszone, kommt die Maschine nicht zum Einsatz. Dort lösen Mineure das Material mit Bagger und Lockerungssprengungen aus dem Berg. Aufgrund dieser komplexen Projektanforderungen war zunächst kein maschineller Tunnelvortrieb beim Fildertunnel vorgesehen. Der besonders flexible und umbaubare Maschinentyp Multi-Mode-TBM von Herrenknecht hat den Bauherren jedoch vom maschinellen Vortrieb auf einem Großteil der Tunnelstrecke überzeugt.
Nach der traditionellen Taufe der Maschine auf den Namen SUSE („Stuttgart-Ulm schneller erreicht“) im Juli 2014 und dem Vortriebsstart in Richtung Hauptbahnhof im November 2014 erreicht die TBM im März 2015 die 1.000-Meter-Marke. Der erste Bauabschnitt in der Oströhre wird nach gut 4 Kilometern Vortrieb bis zum Anfang der geologischen Übergangszone im November 2015 erfolgreich abgeschlossen. Im Anschluss steht die Demontage der Maschine im Tunnel an. Sie wird für den zweiten von insgesamt vier Vortrieben in der parallelen Weströhre fit gemacht, die wieder in Richtung Hauptbahnhof führt.
Um den komplexen Bauablauf, einschließlich der TBM-Demontage im gebohrten Tunnel, schnell und sicher realisieren zu können, war von Anfang an eine enge Kooperation aller Projektbeteiligten gefordert. Bei einem Schilddurchmesser von 10,82 Metern und einem Innendurchmesser des Tunnels von 9,6 Metern gelingt die Demontage und der Rücktransport zum Startportal nur deshalb im vorgegebenen Zeitrahmen, weil alle maschinentechnischen und logistischen Anforderungen vorab präzise geplant und anschließend auf der Baustelle umgesetzt werden.
Den zweiten Vortriebsabschnitt nimmt die Multi-Mode-TBM vom Filderportal anschließend in Richtung Hauptbahnhof im Juni 2016 in Angriff. Ein Jahr später, im Juli 2017, erreicht sie in der Weströhre die geologische Übergangszone, durch die sie anschließend durchgeschleppt wird. Von November 2017 bis Juli 2018 absolviert SUSE erfolgreich den dritten Vortrieb für den Fildertunnel und erreicht die Kaverne, in der sie für den letzten Vortrieb in der Oströhre zurück in Richtung Filder um 180° gewendet wird. Die letzte Tunnelstrecke befindet sich in heterogenen Gesteinsschichten und überwindet eine Höhendifferenz von insgesamt 155 Metern mit einer Neigung von bis zu 2,5 Prozent. Von rund 10 Kilometern sind bereits über 8 Kilometer aufgefahren.
Boßlertunnel
Unter der Schwäbischen Alb in Richtung Ulm entsteht bei Überdeckungen von bis zu 250 Metern mit einem Herrenknecht-EPB-Schild (Durchmesser 11,34 Meter) der 8,8 Kilometer lange, doppelröhrige Boßlertunnel. Er ist der Eisenbahntunnel mit dem bisher größten maschinell ausgebrochenen Durchmesser in Deutschland und wird voraussichtlich 2022 in Betrieb gehen.
Von Anfang an vollbringt »Käthchen« Höchstleistungen. Bereits im Juni 2015, zwei Monate nach Vortriebsstart in der ersten Röhre, knackt sie die Tausend-Meter-Marke.
Am Startportal bei Aichelberg findet die Taufe von Tunnel und TBM („Käthchen“) im November 2014 statt, im April 2015 legt der Riesenwurm los. Bereits im Juni 2015 wird der eintausendste Vortriebsmeter gebohrt und mit Tübbingen ausgebaut, die in Schalungen von Herrenknecht Formwork in einer eigens errichteten Fabrik im Bereich des Tunnelportals Aichelberg produziert werden. Insgesamt 60.000 Tübbinge werden im Boßlertunnel verbaut.
Die Bohrarbeiten kommen so schnell und sicher voran, dass die Entscheidung getroffen wird, mit der TBM weitere Abschnitte aufzufahren, die ursprünglich konventionell gebaut werden sollten. Bereits Anfang November 2016 feiern die stolzen Mineure den finalen Durchbruch nach 8,8 Kilometern in der Oströhre. Mitte April 2017 nimmt „Käthchen“ den Vortrieb der Weströhre auf, den sie Anfang Juni 2018 nach Wochenbestleistungen von bis zu 214 Metern Tunnelbau pro Woche erfolgreich abschließt. Insgesamt fährt die TBM von Herrenknecht in der ersten Röhre knapp 7,8 Kilometer und in der zweiten Röhre sogar 8,8 Kilometer auf – das ist fast die gesamte Tunnelstrecke.
Anfang Juni 2018 ist die zweite Röhre des Boßlertunnels bei Mühlhausen im Tale vollendet.
Fotograf: Reiner Pfisterer | Quelle: DB Projekt Stuttgart-Ulm GmbH
Albvorlandtunnel
Der rund 8 Kilometer lange Albvorlandtunnel ist nach dem Fildertunnel und dem Boßlertunnel das dritte Tunnelbauwerk auf der Neubaustrecke zwischen Stuttgart und Ulm, für das Herrenknecht maschinelle Vortriebstechnik liefert. Erstmals setzt hier das beauftragte Bauunternehmen zwei Tunnelbohrmaschinen parallel ein, die – von Osten nach Westen – jeweils 7,5 bzw. knapp 8 Kilometer eingleisige Tunnelröhren auffahren. Die Vortriebserfahrungen aus den benachbarten Losen des Filder- und des Boßlertunnels helfen unter anderem das Design der Schneidräder für die Albvorlandtunnelmaschinen zu optimieren. Andererseits gilt es, die Besonderheiten der Montage- und Anfahrsituation am Albvorlandtunnel beim Schild- und Nachläuferdesign zu berücksichtigen.
Nachdem beide als EPB-Schilde (Ø 10.820 mm) ausgelegte Maschinen im März 2017 erfolgreich die Abnahme durch den Kunden im Schwanauer Werk absolviert haben, führt eine Crew aus 20 spezialisierten Herrenknecht-Experten die Montage am Ostportal bei Kirchheim unter Teck durch. Hierbei folgen sie einem ausgeklügelten Plan, nach dem Baugruppen nach und nach auf der Baustelleneinrichtungsfläche montiert und in den engen Startschacht abgelassen werden.
Im Oktober 2017 wird der Baubeginn durch eine offizielle Feier eingeläutet. Seit dem Vortriebsstart in der Südröhre im November 2017 bzw. in der Nordröhre im Januar 2018 haben die Mineure mit den auf die Namen Wanda und Sibylle getauften Bohrern insgesamt bereits rund 12.000 Meter Vortrieb geleistet.
Die Baugruppen der EPB-Schilde für den Albvorlandtunnel werden nach und nach auf der Baustelleneinrichtungsfläche montiert und in den engen Startschacht abgelassen.
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Vortriebslänge | 48.506 m |
Geologie | Weiche Böden: Lias (Mergel, Ton- und Kalksteinschichten), Weißer Jura, Brauner Jura, Opalinuston Heterogene Böden: Lias & Rät, Knollenmergel, Stubensandstein, unausgelaugter Gipskeuper |
Bauherr | Deutsche Bahn AG |
Auftraggeber | Filder Tunnel ARGE ATCOST21 / Bossler Tunnel ARGE ATA; Porr Bau GmbH Tunnelbau, G. Hinteregger & Söhne Baugesellschaft m.b.H., Östu-Stettin Hoch-und Tiefbau GmbH, Swietelsky Baugesellschaft m.b.H. Implenia Construction GmbH |
Maschinendaten | 1x EPB-Schild: Durchmesser: 11.340 mm Ausbauverfahren: Tübbingausbau Antriebsleistung: 4.550 kW Drehmoment: 20.086 kNm 1x Multi-Mode-TBM: Durchmesser: 10.830 mm Ausbauverfahren: Tübbingausbau Antriebsleistung: 4.200 kW Drehmoment: 23.838 kNm 2x EPB-Schild: Durchmesser: 10.820 mm Ausbauverfahren: Tübbingausbau Antriebsleistung: 4.400 kW Drehmoment: 15.451 kNm |
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