Nahezu das gesamte Abwasser einer kleinen Inselgruppe im Hafen von Miami wird in einer einzigen Druckrohrleitung gesammelt und zur weiteren Behandlung und Entsorgung zum Klärwerk auf Virginia Key geleitet. Ein essentiell wichtiger Vorgang für das oberirdische Leben, da allein in Miami Beach beinahe 90.000 Menschen beheimatet sind. Das Nadelöhr, die bestehende 54“-Rohrleitung, die von Fisher Island zu Virginia Key führt, ist jedoch in einem maroden Zustand. Um einem Versagen vorzubeugen, muss die Verbindung schnellstmöglich erneuert werden. Die schwierigen Bodenverhältnisse – hochpermeables Kalkgestein mit sandgefüllten Hohlräumen – erfordern dabei ein präzises und genau geplantes Vorgehen.
Um auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein, beispielsweise die zu erwartenden zerklüfteten Bodenverhältnisse, fällt die Wahl des Kunden auf eine Herrenknecht-HCS-Maschine (Herrenknecht Combined Shield). Das Besondere: Die Anlage kann je nach Bedarf sowohl als AVN-Maschine im Slurry-Modus als auch im Erddruckschildverfahren arbeiten. Im April 2015 geht "Dorsey", benannt nach D. A. Dorsey, dem ersten schwarzen Millionär von Miami und vormaligem Besitzer der Fisher Island, auf die 1.610 Meter lange Reise. Die Trasse führt von der Kläranlage auf Virginia Key unter dem Norris Cut hindurch zur Fisher Island.
Die Platzverhältnisse am Startschacht sind extrem beengt. Daher wird die Maschine auf den ersten 80 Metern mithilfe eines kundenseitig entwickelten Adapters per Pressenrahmen im Rohrvortrieb in den Boden gedrückt. Sobald die nötige Tunnellänge erreicht ist, werden die kompletten TBM-Nachläufer in einem Schritt eingezogen. Anschließend erfolgt der planmäßige Vortrieb im Tübbingausbau-Verfahren. In einer Tiefe von 18 bis 21 Metern unter dem Meeresspiegel gräbt sich die Maschine über die nächsten zehn Monate ausschließlich im AVN-Modus voran. Die Geologie zeigt sich weniger zerklüftet als ursprünglich angenommen – der EPB-Modus wird daher nicht benötigt. Auch die zusätzlich eingebaute Druckwand mit Taucherwanne zwischen Maschinenrohr 1 und 2 muss nicht zum Einsatz kommen. Die Neuentwicklung hätte bei zerklüfteter Geologie im Falle eines Druckverlustes und gleichzeitigem Wasserandrang ein sicheres Einschleusen von Tauchern in den vorderen Maschinenbereich ermöglicht – im Überdruck und unter Wasser.
Um den späteren Abwasserablauf zu erleichtern, folgt die Trasse einer leichten Neigung von 0,2 Prozent. Im Februar 2016 kommt die Maschine sicher und präzise im Zielschacht auf Fisher Island an. Tagesbestwerte von 24 Metern bestätigen den Kunden in seiner Wahl der kombinierten Maschinentechnik. Im Anschluss wird die für die zukünftige Nutzung notwendige 60“-Pipeline installiert.