Sydney schreibt sich den nachhaltigen Ausbau eines umweltfreundlichen öffentlichen Nahverkehrsnetzes auf die Fahnen. Sydneys neueste Bahnstrecke wird gerade größtenteils im Untergrund der Hauptstadt des Bundesstaates New South Wales gebaut. Sie steht landesweit an der Spitze der Nahverkehrsinvestitionen.
Die erste Phase „Sydney Metro Northwest“ umfasst 15 Kilometer neue Netzstrecke mit acht Haltestellen. Die Metro-North-West-Linie wurde im Mai 2019 eröffnet. Die zweite Phase „Sydney Metro City & Southwest“ fügt dem Netz weitere 15,5 Kilometer U-Bahn-Doppeltunnel hinzu. 2024 wird Sydney 31 U-Bahn-Stationen und ein 66 Kilometer umfassendes eigenständiges U-Bahnnetz haben. Das revolutioniert die Mobilität in Australiens größter Stadt.
Für„Sydney Metro City & Southwest“ nutzt das Tunnelbau-Joint-Venture der Unternehmen John Holland, CPB und Ghella (JHCPBG) fünf Herrenknecht-Tunnelbohrmaschinen (TBM), die insgesamt 31 Kilometer Tunnel auffahren. Vier Doppelschild-TBM fahren die Strecken nördlich und südlich des Sydneyer Hafens auf. Ein Mixschild gräbt sich unter dem Sydney Harbour hindurch – die Überdeckung beträgt dabei bis zu 35 Metern bis zum Grund des Hafens sowie eine Wassertiefe von bis zu 40 Metern.
Verlässlicher Support
Unterstützt wird das Baustellen-Team über die gesamte Projektlaufzeit hinweg durch die Herrenknecht Tochtergesellschaft in Brisbane. Vor dem Einsatz wird JHCPBGs Personal im Bereich Ringbau und Werkzeugwechsel trainiert und absolviert Workshops mit erfahrenen Maschinenführern. Während der Vortriebsarbeiten stehen die Herrenknecht-Ingenieure den Projektbeteiligten mit Rat und Tat zur Seite. „Wir konnten uns jederzeit darauf verlassen, dass Herrenknecht schnell reagiert und mit dem Joint Venture kooperiert, um nötige Modifikationen umzusetzen“, so Martin Bell, Baustellenleiter von JHCPBG.
Optimiert für Sydneys Untergrund
Alle Tunnelbohrmaschinen, die im „Sydney Metro City & Southwest“-Projekt zum Einsatz kommen, sind projektspezifisch an die Gegebenheiten vor Ort angepasst. Die Bohrköpfe der Doppelschild-TBM sind verschleißgeschützt ausgelegt und mit leistungs- und widerstandsfähigen Werkzeugen ausgestattet, um den sehr abrasiven Hawkesbury Sandstein optimal abzutragen. Doppelschild-TBM vereinen die Funktionsprinzipien von Gripper- und Einfachschild-TBM in einer Maschine. Die Verfahrenskombination ermöglicht in standfesten Geologien den Einbau von Betonsegmenten („Tübbingen“) parallel zum Vortrieb und somit sehr hohe Vortriebsleistungen. Die vier Doppelschildmaschinen werden in größtmöglichen Modulen nach Sydney verschifft und zum Startschacht transportiert. Dadurch sind sie lediglich sechs Wochen nach Anlieferung einsatzbereit – ein Prozess der normalerweise zwei bis drei Monate dauert.
Die TBM vom Typ Mixschild ist optimal für den Tunnelabschnitt unter dem Hafen geeignet. Heterogene Geologien wie in Sydney und hohe Wasserdrücke lassen sich damit sicher beherrschen. Die präzise Steuerung des Stützdrucks erfolgt über ein automatisch geregeltes Luftpolster. Für einen sicheren Wechsel der Abbauwerkzeuge sind zwei voneinander unabhängige Personenschleusen mit jeweils zwei Schleusenkammern installiert. Der Baugrund am Beginn und Ende der Mixschild-Vortriebsstrecke überraschte aufgrund eines höheren Tonanteils. Dies führte beim ersten Streckenabschnitt zu Verklebungen am Schneidrad, was die Vortriebsleistung etwas drosselte. Mit einer Designanpassung des Schneidrads sowie des Spülkonzeptes reagierte Herrenknecht schnell auf die vorgefundenen Gegebenheiten.
Vortriebsstart 2018
Die Tunnelbauarbeiten für die zwei südlich des Hafens gelegenen Vortriebsstrecken von Marrickville bis Barangaroo starten Ende 2018. Die TBM „Nancy“ und „Mum Shirl“ graben sich leicht versetzt auf parallel verlaufenden Tunneltrassen durch den Untergrund der größten und geschäftigsten Stadt Australiens in Richtung Norden. Die drei Maschinen für die nördlichen Strecken von Chatswood bis Blues Point sowie die Hafenunterquerung beginnen ihre Vortriebe 2019.
Am 16. März 2020 absolviert der Mixschild „Kathleen“ nach der Unterquerung des Hafenbeckens mit bis zu 6 Bar gemessenem Wasserdruck am Blues Point den finalen Durchbruch. Die Vortriebsarbeiten des Projekts „Sydney Metro City & Southwest“sind damit abgeschlossen. Innerhalb von nur 17 Monaten sind 31 Kilometer neue U-Bahndoppeltunnel entstanden. Bestwerte von bis zu 85 Tunnelmetern am Tag und 324 Metern in einer Woche und eine exzellente Maschinenverfügbarkeit von rund 99 Prozent sind zu verzeichnen. Martin Bell fasst das Projekt wie folgt zusammen: „Unsere eigenen Leute waren sehr glücklich mit Design und Bedienbarkeit der Maschinen. Wenn die Crew im Untergrund gute Fortschritte macht, kommt sie gerne zur Arbeit. Und dann wird das Projekt zum Erfolg.“ Die hohen australischen Sicherheitsstandards werden durch Herrenknecht bereits beim Design der Tunnelbohranlagen berücksichtigt. Beim Vortrieb der Sydney Metro spielte beispielsweise die spezifische Modifikation der Luftfilteranlagen eine tragende Rolle: Da der sogenannte Hawkesbury-Sandstein größtenteils aus Kieselsäure besteht und auftretender Quarzstaub ein Gesundheitsrisiko darstellt, müssen Filter möglichst nah an jeder Staubquelle sitzen.
Herrenknecht-Teamwork
Dem Projekt kommen auch die Einbindung von zusätzlichen Einrichtungen und Leistungen rund um die Tunnelvortriebe zugute: Ob H+E für Förderbänder, VMT für Navigationsgeräte oder GTE zur Ergänzung der Baustellencrew, die eingespielten Abstimmungsprozesse der Unternehmen untereinander tragen zum Team-Erfolg bei. Die „Sydney Metro City & Southwest“ wird 2024 eröffnet. Die „Metro North West Line“ startet ihren Betrieb im Mai 2019. Die neue Metro mit einer Kapazität von bis zu 34.000 Passagieren pro Stunde verkehrt als erste in Australien vollautomatisch.
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